Kapelle St. Mariä Vermählung
Geschichte und Kirchenbau
Seit im Jahre 1756 die Äbtissin des Klosters Burbach den Bewohnern Oedekovens ein Grundstück zum Bau einer Kapelle zur Verfügung stellte, gibt es an der Ecke Ginggasse/Staffelsgasse eine durch die Einwohner errichtete Kapelle aus Feldbrandziegeln. Sie wurde 1757 unmittelbar vor Beginn der Weinlese durch den Bonner Dechanten geweiht auf das Patrozinium „Die Sieben Freuden Mariens", später umgewandelt in „Mariä Vermählung". In dieser Dorfkapelle traf man sich zu Stiftungsmessen, gemeinschaftlichem Rosenkranzgebet und privaten Andachten, während man für den regelmäßigen Gottesdienstbesuch in die Mutterkirche St. Laurentius nach Lessenich gehen musste. Das änderte sich 1940 mit dem Kommen des zum Weiterstudium beurlaubten Dr. phil. Heinrich Flatten als eigenem Seelsorger für Oedekoven. Doch bald wurde die Kapelle für die rasch wachsende Bevölkerung in Oedekoven zu klein; auch eine Erweiterung der Orgelempore 1947 brachte keine wirkliche Entlastung. Bei manchem Gottesdienst, so erzählen alte Oedekovener, standen Gottesdienstbesucher auch draußen vor der Tür und feierten den Gottesdienst mit. So wuchs der Wunsch nach einer eigenen größeren Kirche.
Bei der Kapelle handelt es sich um einen einfachen Saalbau mit dreiseitigem Chorabschluss und flacher Tonne von 20 Fuß Länge (ca. 6,00 Meter) und einer Innenbreite von ca. 13 – 14 Fuß (ca. 4,00 Meter). Ihre heutige Gestaltung ist das Ergebnis umfangreicher Renovierungsarbeiten in den Jahren 1968 – 1971 und 1981. Im Jahr 1971 wurde die Kapelle wiedereröffnet als Kriegergedächtnisstätte des Ortsteils Oedekoven mit einer Reliefplatte aus Kupfer, die die vier apokalyptischen Reiter über Oedekoven zeigt und an die Toten der beiden Weltkriege erinnert. Die Reiter stehen für die so genannten messianischen Wehen Krieg, Teuerung, Hungersnot und Massensterben.
Am 29. November 1981 wurde nach weiteren Renovierungsarbeiten der Altartisch durch Weihbischof Dr. Klaus Dick neu geweiht und Reliquien der beiden Bonner Stadtpatrone Cassius und Florentius im Altar beigesetzt. Außerdem wurden der Rokkokoaltaraufsatz und die Figuren restauriert. Der Altaraufsatz und die Marienfigur über dem Eingang kamen erst 1864 in diese Kapelle, nachdem die Kapelle am Tempelhof, wo sie ursprünglich waren, bei einem Brand zerstört worden war. Der Altaraufsatz war ursprünglich wohl farbig gestaltet. In der Mitte befindet sich das Bild der Heiligen Familie, wie sie das neugeborene Kind anbetend betrachtet. Darüber das Lamm, das auf dem Buch mit den sieben Siegeln liegt (vgl. Offenb. Joh. 5-8). Im Rundbogen des Altaraufsatzes befindet sich das Christusmonogramm „IHS" in einem Strahlenkranz, im Volksmund oft als „Jesus, Heiland, Seligmacher" übersetzt.
Besonders auffällig sind die beiden Heiligenfiguren, die rechts und links neben dem Altar im Bereich des Chorabschlusses auf einfachen Konsolen stehen. Anhand ihrer Kutten sind sie unschwer als Franziskaner erkennbar. Ursprünglich waren die Figuren farbig gefasst, bei einer Restauration Anfang der 40iger Jahre hatte man sie holzfarben belassen. Schwieriger ist es, sie als konkrete Personen zu benennen. Hier helfen die beigefügten Attribute: während die linke Figur ihren rechten Fuß auf den Kopf eines Türken gestellt hat, steht der rechte Fuß der rechten Figur auf einer (Welt-)Kugel. Bei der linken Figur handelt es sich um den Heiligen Johannes von Capestrano (24.6.1386 – 23.10.1456), der ein begabter Prediger war und entscheidenden Anteil hatte an der Abwehr und dem Sieg über die Türken vor Belgrad im Juli 1456. Daneben war er auch ein großer Seelsorger und Friedensstifter. Bei der anderen Figur handelt es sich vermutlich um den Heiligen Franziskus (1181 – 3.10.1226). Das Stehen mit dem rechten Fuß auf der Weltkugel wird gedeutet als Weltverachtung oder Loslösen von der Welt, so wie es Franziskus auch getan hat.
Etwas Besonderes stellt die Glocke im Glockenturm der Kapelle dar. Auch wenn sie die Oedekovener nur noch selten zum Gottesdienst ruft, so handelt es sich doch dabei um eine sehr alte Glocke aus dem 14. Jahrhundert, wie anlässlich der Erneuerung der Glockenkrone 1956 festgestellt wurde.
Heute finden in der Kapelle vor allem meditative Gottesdienste statt – und die jährliche Eucharistiefeier zur Kleinkirmes am dritten Samstag im Januar.
Rolf Bähr