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St. Mariä Himmelfahrt Oedekoven

Der Architekt: Emil Steffann

Die in der Vergangenheit eher beiläufige Erwähnung des Architekten Steffann steht in keinem Verhältnis zu dessen Bedeutung für den Kirchenbau nach dem zweiten Weltkrieg: „Dass Emil Steffann, einer der bedeutendsten Kirchenbaumeister des 20. Jahrhunderts, heute weitgehend unbekannt ist, hat nahe liegende Gründe. Sein reiches Schaffen galt fast ausschließlich dem Kirchenbau und damit einer Bauaufgabe, die zwar in den Fünfziger Jahren von größter Bedeutung war, heute aber auf nur mehr geringes Interesse stößt" (GREXA (1999), 1)

Emil Steffann wurde am 31. Januar 1899 in Bethel als Sohn eines Arztes und Enkel eines evangelischen Pastors geboren. Nach Abitur und anschließendem Kriegsdienst 1917/18 besuchte er die Kunstgewerbeschulen (Bildhauerklasse) in Bielefeld und Berlin bis 1921. Es folgten Jahre (1921–1928) vielseitiger autodidaktischer Studien in Architekturbüros und auf Baustellen, sowie der Lübecker Baugewerkschule.

In dieser Zeit reiste er 1926 nach Assisi, konvertiert dort zur katholischen Kirche und wählte den Kirchenbau bewusst als Profession. Im Zusammenhang mit dem Bau der Fronleichnamskirche in Aachen machte er 1931 die Bekanntschaft mit deren Architekten Rudolf Schwarz (1897–1961), seinem späteren Freund. In den ersten Jahren des Dritten Reiches (1933- 1939) sind mit dem Namen Steffanns nur bescheidene Bauaufgaben in der Diaspora verbunden. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er dem Luftwaffenbaustab zugeteilt.

Ein wichtiger Zeitraum für den Architekten Emil Steffann stellten die Jahre 1941 bis 1944 dar. Mit Rudolf Schwarz und weiteren Kollegen übernahm er die Wiederaufbauplanung des kriegszerstörten Ostlothringens, u.a. des Dorfes Boust. Hier ließ er mit seiner „Scheunenkirche" ein Gebäude errichten, das als Gemeinschaftsscheune ausgeführt, jedoch gleichermaßen als Kirche geplant war.

Nach der Internierung mit seiner Familie 1944-1946 in Frankreich, kehrte er zunächst nach Lübeck zurück, um von dort aus (1947–1949) die Leitung des Siedlungswerks der Erzdiözese Köln zu übernehmen. 1949 siedelte er nach Bad Godesberg–Mehlem über und war dort, von 1950 bis zu seinem Tod 1968, als freier Architekt tätig. In dieser Zeit plante und baute er zahlreiche Kirchen, Klöster und Sozialbauten.

In seine letzen Lebensjahre fallen die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Darmstadt für sein beispielgebendes Wirken im Kirchenbau (1964), der Erhalt des Staatspreises für Architektur des Landes Nordrhein-Westfalen (1964), sowie die Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes (1965).

Prägende Vorstellungen

Über Rudolf Schwarz lernte Emil Steffann Anfang der Dreißiger Jahre den Rothenfelser Kreis der katholischen Jugendbewegung und den Theologen Romano Guardini (1885-1968) kennen, einen bedeutenden Vertreter der Liturgischen Bewegung. Die Aufnahme frühchristlicher, romanisierender Stilelemente wie auch neue Formen der Anordnung von Altar und Gemeinde (Altaranordnung vor der Apsis und/oder im Zentrum der Gemeinde) in den Kirchenbauten Emil Steffanns zeigen diesen Einfluss. Daneben hat Assisi den Architekten geprägt: „die kubische den Hang hinauf gestaffelte Architektur, die unverputzten Wände, die mächtigen Strebepfeiler der Substruktionen, die Folge der Rundbogenarkaden" (PEHNT (2000), 259) ebenso wie die franziskanischen Werte der Einfachheit und der Demut. Die sich auf das Notwendige beschränkenden, einfachen Kirchbauten Steffanns begründen sich auch in seiner Lebensphase als Katholik in der Diaspora. Genauso bedeutsam ist aber auch die Zeit in Lothringen: Die aus gelbgrauem Sandstein mit wenig Mörtel gemauerten Häuser, mit ihren abgeschrägten Strebepfeilern und den flach geneigten, tief gezogenen Dächern. Nicht zuletzt der Wiederaufbau nach dem Krieg mit bescheidenen Mitteln formte seine Architektur.

Charakteristische Merkmale von Kirchenbauten Emil Steffanns

Immer wieder anzutreffende Planungselemente sind die Schaffung eines abgeschlossenen Kirchareals; die Kirche und ihre Besucher vor dem Treiben und Lärmen der Straße schützend, einer Ruhezone vor dem Gotteshaus zur Sammlung, frühchristlichen Kirchen vergleichbar.

Eingang in die Kirche gewährt nicht (nur) eine Tür an zentraler Stelle, sondern ein Weg durch seitliche, niedrige Anbauten.

Die Verwendung bekannter und bewährter Materialien wie Stein oder Holz statt Beton lag ihm am Herzen. Ebenso bediente er sich bei den Bauformen der Strebepfeiler und Rundbögen, letztere eine jahrhundertealte, erprobte Art und Weise, die Auflast einer Mauer über die Öffnung abzutragen.

Desgleichen bevorzugte er die Verwendung altbewährter Techniken beim Mauern und Zimmern: Mauern aus Bruch- oder Ziegelsteinen sind nicht glatt sondern rau, Dachkonstruktionen bleiben sichtbar und als Dachform ist häufig das traditionelle einfache Satteldach anzutreffen.

Rolf Bähr