30.05.2020 Tagesimpuls
Pfingstrosen
Die Pfingstrose in unserem Garten!
Liebe Mitchristen,
ich sitze unter einem wunderschönen Apfelbaum im Garten meines Elternhauses. Es ist so, als breite er seine knorrigen Äste über mir aus, um mich zu beschützen. Der Wind fährt durch die Blätter, eine erfrischende Brise. Wie eine sanfte Berührung rüttelt er sachte an mir und ich blicke auf. Mein Blick fällt in den Garten, den ich schon mein Leben lang kenne. Es ist mein Garten und doch begegnet er mir immer auch anders, einmal in jeder Jahreszeit, aber auch mit jedem Jahr, das ich älter werde, verändert sich auch meine Perspektive. Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf während meine Blicke langsam schweifen – der Garten ist unmittelbar mit meinem Leben verbunden. Es ist fast wie ein Fotoalbum, meine Bilder kommen und gehen. Ich denke an Zeltlager im Garten, Geburtstagsfeiern, Volleyball spielen, Schnecken sammeln, Glücksklee suchen, Turnen auf der Wäschespinne, fahren mit der Schubkarre, Pfirsiche, Sauerkirschen Johannisbeeren und Brombeeren pflücken. Ja sogar Schlitten fahren war möglich.
Spielte der Garten nicht auch in der Bibel immer eine entscheidende Rolle. Ich denke an den Paradiesgarten, Jesu Gebet im Garten von Gethsemane, die Begegnung der Frauen mit dem Auferstandenen. Der Garten als Ort der Begegnungen, der Garten als Ort der Feiernden, der Garten als Ort der Stille, Ruhe und des Rückzugs. Im Garten fühlen wir uns wohl, wir fühlen uns der Schöpfung so nah und mit ihr verbunden. Im Garten pulsiert das Leben. Mir kommt das spätmittelalterliche Tafelbild der Maria im Paradiesgärtlein in den Sinn, als Inbegriff des lebendigen Gartens. Ich brauche aber gar nicht das Bild betrachten, sondern vor mir liegt ein solches Paradiesgärtlein mit frühsommerlichen Blumen und Sträuchern, ob die Forsythien im Frühjahr, die Apfelblüten, Osterglocken, die Wiesenblumen oder der Lavendel im Sommer. Dazu das bekannte Vogelkonzert, die Amseln, die gurrenden Tauben.
Und heute schaue ich auf die Pfingstrose, die Lieblingsblume meines Vaters. Sie war seine „rosa mystica“. Morgen ist Pfingstsonntag und sie steht in voller Blüte. Sie ist wie ein heiliges Zeichen. Und ich habe das Gefühl sie möchte mir etwas sagen. Sie ist eine Blume der Liebe, sie duftet nach Sommer. In Asien wird sie verbunden mit den schönen poetischen Worten: „Was du nicht sagst, es ist mir doch bewusst.“ Auffordernd schaut sie mich an, ob ich ihren Satz verstehe. Ich bin mir nicht sicher, oder doch? Ich fange an über Pfingsten nachzudenken, den Geburtstag unserer Kirche. Alles hat begonnen mit dem Brausen, den Feuerzungen des Heiligen Geistes. Welche Kraft haben die Menschen damals gespürt. Wir kennen diese alte Geschichte alle, doch wie ließe sie sich in das Heute übersetzen? Ich habe im Studium einmal einen Satz gelesen: „Gäbe es den Heiligen Geist nicht, wäre die Geschichte um Jesus nur das was sie ist, ein Ereignis.“ Aber gerade das, ist eben nicht geschehen. Der Heilige Geist entfaltet eine Dynamik, die immer nach vorne gerichtet ist, er setzt unsere Charismen, Begabungen als geistbegabte Mensch frei. Wir sind für immer beschenkt vom heilenden Heiligen Geist. Den Geist Gottes kann ich erspüren, in „ansteckender Freude“ der Begegnung , in der flüsternden Stille der Trauer, wenn ich brenne und Feuer und Flamme bin für eine Idee, für meinen Beruf, oder wenn ich an meine Familie denke und mich die Flamme der Liebe immer wieder neu ansteckt. Der Zauber eines Lächelns oder auch in einem Sturm der Begeisterung über eine frohe Botschaft, im Verstehen des Gegenübers auch ohne Worte, im Atem des Lebens der Schöpfung oder im nachdenklichem Seufzen. Der Pfingstgeist, Motor unseres Lebens. Er lässt uns das Pfingstbrausen in kleinen und großen Momenten immer wieder neu erleben, ein Leben lang. Wir werden getragen von diesem Pfingstbrausen, das nie aufhört, ein Leben lang, und ich bin überzeugt davon, dass der Heilige Geist uns auf unserem letzten Weg sachte hochhebt, sanft der Ewigkeit entgegen.
Vom Beginn der Kontaktsperre bis Pfingsten haben wir täglich unsere „Tagesimpulse der Hoffnung“ verteilt. Sie waren davon getragen, diesen Pfingstgeist nicht nur in unsere Gemeinden hineinwehen zu lassen, sondern auch weit darüber hinaus. Wen die Impulse täglich erreicht haben, lässt sich nicht mit Sicherheit nicht sagen. Allein mein Verteiler umfasste fast 300 Namen. Für mich waren diese Impulse wie ein Brausen, ein Sturm der Hoffnung in die Welt.
Im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen danken Ihnen für die zahllosen Rückmeldungen, Ihre herzlichen und berührenden Worte, ihr Dankeschön zu unseren Tagesimpulsen. Das Schreiben der Impulse hat mich auch verändert, es hat etwas bewirkt, die Freude, trotz Corona-Pandemie füreinander, miteinander gemeinsam unterwegs zu sein. Und Menschen dabei mitzunehmen, zu begeistern, das ist Pfingsten, in Gemeinschaft als Erwartungs- und Hoffnungsmenschen unterwegs zu sein. Die Sache Jesu braucht Begeisterte heißt es in einem Lied. Und das sind Sie.
Mit dem Pfingstwochenende finden in allen Pfarrgemeinden wieder Gottesdienste statt – ein guter Zeitpunkt, die täglichen Impulse zu beenden. Aber es ist etwas Neues entstanden. Und allem Anfang wohnt ein ganz besonderer Zauber inne, so haben es schon Meister Eckart und später Hermann Hesse so schön formuliert. Und diesen Zauber wollen wir nicht verlieren. Wir werden wöchentlich einen geistlichen Impuls mit Ihnen teilen. Wer in dem Verteiler bleiben möchte, gebe mir bitte kurz Bescheid.
Zum Schluss sage ich Ihnen Danke, dass wir diese Zeit miteinander geteilt haben, immer im Vertrauen darauf, dass Gott uns von allen Seiten immer behütet (Ps 139,5).
Der Satz der Pfingstrose sagt mir, bleibt in Verbindung, wisst voneinander, verliert dieses Band nicht.
Und die Pfingstrose im Garten meines Vaters schaut mich an und nickt.
Seien Sie behütet in allem, was ist.
Ihre und Eure Ute Trimpert
Für die Pastoralteams der Seelsorgebereiche Alfter, Bornheim-Vorgebirge und Bornheim An Rhein und Vorgebirge
Der Heilige Geist ist
das Schöpfungslied der Liebe
und alle Sehnsucht nach Schönheit,
Friede und Wahrheit
und allem Gutem
ist Sein unauslöschliches Echo
im menschlichem Herzen
(D. Mengelberg)